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Wo Spin-offs Fördermittel finden

Ein Gespräch mit Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehung der ETH Zürich und Michael Schaepman, Prorektor Forschung der Universität Zürich.

Welche externen Finanzierungsmöglichkeiten empfehlen Sie Spin-offs?

Michael Schaepman (MS): Es ist wie beim Schweizer Wanderwegsystem: Wir stellen den Spin-offs Wegweiser zur Verfügung, die ihnen anzeigen, wo sie sich hinwenden können, um Unterstützung und Geld zu finden. Das beginnt mit Hinweisen auf interne Angebote und führt zu den externen Finanzierungsmöglichkeiten wie den Fördermitteln der EU. 

Detlef Günther (DG): Als das Thema noch nicht so entwickelt war, haben wir mit dem «Pioneer Fellowship» ein eigenes Programm aufgesetzt, das über Donationen finanziert wurde. Vor zwei Jahren hat dann der Schweizerische Nationalfonds gemeinsam mit Innosuisse das BRIDGE* Programm lanciert, das Spin-offs unterstützt. Die EU hat mit dem Programm Horizon 2020 die Finanzierung von Innovationen stark ausgebaut, sodass sich Spin-offs auch dort um Gelder bewerben können. 

Welche Bedeutung hat BRIDGE für Sie?

MS: BRIDGE ist ein fantastisches Mittel. Aber es ist wie bei den Schweizer Wanderwegen. Es gibt mehrere Ziele und Wege. Die Frage ist, wie finden die Gründerinnen und Gründer den für sie richtigen Weg zur Finanzierung, denn den einen richtigen gibt es nicht. Aber indem in den letzten Jahren immer mehr Spin-offs entstanden, haben sich auch die Möglichkeiten für private Anschlussfinanzierungen verbessert. Die Spin-off Szene ist für Geldgeber heute sichtbarer und Zürich ist interessant geworden für Anleger von Venture Capital und Beteiligungskapital. 

Viele Spin-offs haben Mühe, nach dem ersten Erfolg die lange Durststrecke bis zum Markteintritt zu finanzieren. Können ihnen die Hochschulen da helfen? 

DG: Manche nennen diese Durststrecke den «Marsch durch das Tal des Todes». Nach dem Start können wir Spin-offs 18 Monate unterstützen. Das machen wir auch, indem wir sie aus den Forschungsgruppen rausnehmen und sie schon dicht an den Kunden heranbringen. Das bezahlen wir über Donationen. Aber unsere Finanzierung geht nicht über diese 18 Monate hinaus. Danach müssen sie sich selbst um externe Finanzierungen bemühen. 

Michael Schaepman, Sie haben selbst ein Spin-off** gegründet. Wie haben Sie die Durststrecke überwunden?

MS: Wir haben sehr viel Zeit aufgewendet und abends und nachts gearbeitet. Aber wir haben diese Zeit nicht verrechnet. Wir haben sie investiert in die Zukunft des Unternehmens. Im Dienstleistungssektor ist dies einfacher, da wir keine Kosten für die Entwicklung komplexer Hardware hatten, sondern einfach Software-Entwicklung betrieben. Anders sieht es bei Produkten aus, für deren Herstellung es teure Infrastruktur und Geräte braucht. 

Mit «Wyss Zurich»*** verfügen ETH Zürich und die Universität Zürich über eine Plattform, die Spin-offs solch teure Infrastruktur zur Verfügung stellt. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? 

DG: Hansjörg Wyss war sich bewusst, dass sehr viele tolle Ideen und Translationsprodukte den nächsten Schritt nicht schaffen, wenn sie nicht gezielt unterstützt werden. Infrastruktur im medizinischen Bereich ist enorm teuer. Die Universität und die ETH Zürich stellen Spin-offs solch anspruchsvolle Geräte und Einrichtungen zur Verfügung. Die Benutzung und der Unterhalt wird von «Wyss Zurich» mitbezahlt. Im Medizinbereich sind ja zahlreiche Studien und Zertifizierungen nötig, damit ein Produkt überhaupt zugelassen wird. Wenn man nun nachweisen kann, dass man für diese Tests eine erstklassige Infrastruktur zur Verfügung hatte, kommt man eher an Fördergelder, weil die gesamte Studie dann eine hohe Glaubwürdigkeit besitzt.

MS: Das Spin-off CUTISS ist dafür ein gutes Beispiel. CUTISS hat vor drei Jahren eine Finanzierung von «Wyss Zurich» erhalten, um auf einer spezialisierten Einrichtung der Universität Zürich Tests durchzuführen, die es für die Marktzertifizierung braucht. CUTISS hätte eine solche Facility nie selbst bauen oder irgendwo mieten können. Genau das hat das Projekt qualifiziert, um von «Wyss Zurich» gefördert zu werden. Diese Förderung hat dann wiederum beim nächsten Finanzierungsschritt geholfen. CUTISS hat sich für die Markteinführung seines Produkts unter anderem um einen Beitrag beim SME Instrument der EU beworben und 2,5 Millionen Euro erhalten.

Sie haben Innosuisse erwähnt. Start-ups erhalten dort nur Beiträge, wenn sie mit einer Forschungseinrichtung zusammenarbeiten. Könnte Innosuisse Spin-offs nicht auch direkt fördern, indem sie Anschlussfinanzierungen gewährt? 

DG: Ich finde, man sollte diesen Schritt eher auf europäischer Ebene machen und sich im Rahmen des EU-Programms um Mittel bemühen. Der Markt für die Spin-offs befindet sich nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Europa und global. Wenn sie die Hürden dort genommen haben, steigt die Chance, dass sie danach auch auf den internationalen Märkten mithalten können. Sie erscheinen auf dem Radar der Venture Capitalists. Das sind dann nicht nur Einzeltreffen. Da kommen sie in einen Raum, in dem 150 Leute sitzen, die nichts anderes wollen, als innovative junge Unternehmen mit Venture Capital zu unterstützen. Deshalb halte ich dieses SME Instrument für wirkungsvoller als nur ein eigenes Schweizer Programm.

Es ist aber zurzeit nicht sicher, ob die Schweiz auch bei künftigen EU-Forschungsprogrammen dabei sein wird.

DG: Wissenschaftlich und aus KMU-Perspektive gibt es keine Alternative zur Assoziierung der Schweiz zu Europa. Das sage ich jetzt aus der Hochschule heraus… 

MS: …und ich kann dem nur zustimmen. Es ist extrem wichtig, dass wir auch beim nächsten EU-Rahmenprogramm «Horizon Europe» dabei sind, uns um Fördermittel bewerben und das Netzwerk ausweiten können. 

Welchen Tipp geben Sie Spin-off Gründern mit auf den Weg?

MS: Go for it! Umsetzen, machen!

DG: Nicht zu viele Bücher lesen und mit Frank Sinatra sagen: «I did it my way.»

Michael Schaepman (links) und Detlef Günther (rechts)
Links

*BRIDGE ist ein gemeinsames Programm des SNF und der Innosuisse

http://www.snf.ch/de/foerderung/programme/bridge/Seiten/default.aspx

**Netcetera AG

http://netcetera.com/

***Wyss Zurich – Translating Science into Life

https://www.wysszurich.uzh.ch/

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