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«Es lohnt sich auf jeden Fall»

Entgegen der weit verbreiteten Meinung können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Schweizer Hochschulen sehr wohl an EU-Forschungsprojekten aus dem Programm Horizon Europe teilnehmen. Ihnen steht der Zugang zu attraktiven Formaten wie jenes der kollaborativen Projekte offen, wenn auch mit ein paar Einschränkungen. So dürfen Schweizer Forschende etwa nicht als Projektkoordinatoren wirken. Im Gespräch mit Rolf Probala schildert Jonas Oehler, Forschungsmanager bei EU GrantsAccess, warum es sich trotzdem lohnt, sich an kollaborativen Projekten zu beteiligen und welche Unterstützung er Forschenden von Universität Zürich und ETH Zürich bieten kann. 

Jonas Oehler, wie sehr nutzen Forschende der Universität Zürich und der ETH Zürich zurzeit das EU-Format der kollaborativen Projekte?

Sehr rege. Im Moment betreue ich 15 bewilligte Projekte und 25 weitere, die sich in der Antragsphase befinden. Vor allem Forschende, die gut in internationalen Netzwerken verknüpft sind, werden von Konsortien aktiv angefragt, an ihren Projekten teilzunehmen, insbesondere wenn sie über eine spezifische Expertise verfügen, die es vielleicht sonst in Europa nicht gibt. Etwas schwieriger ist die Situation für Forschende, die selbst aktiv ein Projekt lancieren möchten, da sie Projekte ja nicht koordinieren dürfen. Sie müssen versuchen, an einer europäischen Hochschule Kolleginnen und Kollegen von ihrer Projektidee zu überzeugen. Ich habe gerade einen aktuellen Fall, in dem junge Postdocs der ETH Zürich ein Projekt initiieren wollen. Da sie dieses nicht selbst einreichen und koordinieren dürfen, suchen sie sich nun Partner, welche die Eingabe übernehmen. Das Projekt wird dann beispielsweise von einer deutschen Universität koordiniert. Solche Beispiele gibt es viele. 

Das setzt voraus, dass man in Europa gut vernetzt ist, wenn man mitmachen will?

Genau, es steht und fällt mit den Netzwerkkapazitäten der Forschenden und es ist wichtig, dass sie ihre Netzwerke aktivieren und nutzen. Sie können sich in der Regel ja vorstellen, über welche Forschungsgruppen in Europa sie ihr Projekt einreichen könnten und werden diese kontaktieren. Dabei können sie auch einen komparativen Vorteil ins Spiel bringen, der sich aus der Nicht-Assoziierung der Schweiz ergibt. Forschende aus der Schweiz bringen zusätzlich zu ihren Ideen und Kompetenzen auch das Geld mit, da das SBFI (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation) den Schweizer Anteil des Projekts finanziert. Das heisst, auf ein von der EU finanziertes Projektbudget kommen dann noch Mittel aus der Schweiz dazu. Das ist für Forschungsgruppen in Europa sehr wohl ein Anreiz, Schweizer Hochschulen ins Boot zu nehmen. 

Warum ist es denn für die Schweiz so wichtig, bei kollaborativen Projekten dabei zu sein? 

Es gibt ja unzählige Lobbyistengruppen in Brüssel, die über Jahre im Voraus Weichen stellen, welche Themen für die EU dereinst relevant und mit mehr Geld gewichtet werden. Die kollaborativen Projekte spielen da eine wichtige Rolle. Aus ihren Forschungsergebnissen und Erfahrungen entwickeln sich neue Schwerpunkte. Wenn wir an diesem Prozess nicht teilhaben, sehe ich eine grosse Gefahr für die Schweiz, von der Entwicklung abgehängt zu werden. 

Viele Forschende, die an kollaborativen Projekten teilnehmen könnten, sind verunsichert. Was sagen Sie ihnen?

Ja, ein Problem ist, dass sich viele Forschende jetzt gar nicht mehr über Projektausschreibungen der EU informieren, weil sie denken, sie seien ja ausgeschlossen. Die Frage, die wir dann häufig hören, ist: «Können wir da wirklich mitmachen?» Unsere Antwort ist ganz klar: «Ja, wir können!» Es ist zwar etwas umständlich, aber es geht. Wir müssen zum einen unseren Forschenden erklären, wie eine Mitwirkung funktioniert und zum anderen den EU-Koordinatoren darlegen, wie sie uns einzubinden haben und wo unser Budget eingefügt werden muss. Das macht es im Moment etwas anstrengend und kompliziert. Aber es geht und es lohnt sich. 

Und wie unterstützen Sie Forschende, die mitmachen möchten?

Ich würde ihnen raten, uns zu kontaktieren und dann mit ihnen in einem ersten Gespräch eruieren, welches Thema sie bearbeiten und welche Ausschreibungen für sie in Frage kämen. Danach würde ich gemeinsam mit ihnen eine Suche beginnen, damit sie ein Gefühl bekommen, wo sie die für sie passende Ausschreibung finden und wann die Deadlines sind und dann würde ich sie bei der Eingabe unterstützen. Das Problem dabei ist: Es braucht etwas Zeit. Die Forschenden müssen ihren Blick um einige Monate in die Zukunft richten, damit ihnen genug Zeit bleibt, ihr Projekt zu formulieren und ein Konsortium zu finden, bei dem sie andocken können oder welches sie überzeugen können, das Projekt an ihrer Stelle bei der EU einzureichen und zu koordinieren. Aber ich empfehle den Forschenden, es auf jeden Fall zu versuchen. Sie können nichts verlieren, nur gewinnen. Unsere Hochschulen haben international einen sehr guten Ruf und es ist sicher für ein Konsortium kein Fehler, wenn es die Universität Zürich oder die ETH Zürich als Partner auf der Projektwebseite aufführen kann.

Für Informationen zur aktuellen Situation kontaktieren Sie uns: grants@sl.ethz.ch |  grantsaccess@research.uzh.ch

Jonas Oehler im Gespräch mit Rolf Probala
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